Förderung Geförderte Vorhaben Saadya Gaon’s Works on the Jewish Calendar: Near Eastern Sources and Transmission to the West

Saadya Gaon’s Works on the Jewish Calendar: Near Eastern Sources and Transmission to the West

Ziel des Forschungsprojekts ist die Rekonstruktion, Edition und Kommentierung der Schriften des Rabbiners und Gelehrten Saadya Gaon (888–942) über den jüdischen Kalender.

In der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts kam es in den jüdischen Gemeinden des Nahen Ostens zu einer Kontroverse über die Berechnung des Kalenders. Es wurde darüber debattiert, wie und mit welcher Autorität der jüdische Kalender fest­gelegt werden soll. Die verbindliche Strukturierung der Zeit durch einen Kalender war notwendig, damit wichtige gemeinsame Handlungen und Ereignisse im Zusammenleben der Menschen koordiniert ablaufen bzw. zeitlich geregelt werden konnten (Rituale, Feste, Jahres­wechsel, Anbauzyklen in der Landwirtschaft etc.). Kon­flikte in Bezug auf den Kalender waren deshalb auch immer Kämpfe für Legitimität, Autorität und Gesetz.

Saadya ben Joseph Gaon war Oberhaupt der rabbini­schen Schule in Bagdad, Philosoph und Talmudinterpret und galt als ein prominenter und einflussreicher Lehrer der jüdisch-arabischen Kultur im 10. Jahrhundert. Er hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, darunter auch Schriften zum Kalender (u. a. „Buch der Unter­scheidung“; „Zurückweisung des Anan“). Darin vertrat er die Auffassung, dass der jüdische Kalender (ähnlich wie das jüdische Religions­gesetz) seinen Ursprung in der Offenbarung Gottes am Berg Sinai habe. Damit wandte er sich gegen die karaiti­sche Lehre, dass der jüdische Kalender durch Beobachtung von Naturphänomenen entstanden sei. Der innerjüdische Kalenderstreit führte zu einer intensiven, bisweilen polemischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Richtungen des Judentums, die schließlich zugunsten des rabbinischen Kalenders entschieden wurde. Auch die jüdischen Gemeinden in Europa übernahmen seit dem 10. Jahrhundert den rabbinischen Kalender.

Im Rahmen des Forschungsprojekts werden die Schriften Saadyas über den Kalender rekonstruiert, ins Englische übersetzt, ediert und vor dem Hintergrund der Ausein­andersetzung mit den Karaiten analysiert. Dabei werden die Regeln und Prinzipien der Berechnung des Kalenders durch Saadya, der Einfluss der Wissenschaften (z. B. Astronomie) und der Bibel- und Talmudexegese auf die Kalendertheorie Saadyas herausgearbeitet so­wie die Rezeption des rabbinischen Kalenders durch das (west-)europäische Judentum im Mittelalter nachge­zeichnet.

Das Forschungsvorhaben knüpft an das von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Projekt „Qaraite and Rabbanite Calendars: origins, interaction, and polemic“ von Prof. Stern und Prof. Vollandt an.

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