Sonderprogramme
Die Stiftung unterstützt eine Reihe von Sonderprogrammen, deren Auflistung Sie im Folgenden finden. Die Antragstellung erfolgt bei den jeweiligen Trägerinstitutionen.
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Geisteswissenschaften International
Geisteswissenschaften International – Preis zur Förderung der Übersetzung geisteswissenschaftlicher Werke
Mit der Auszeichnung „Geisteswissenschaften International – Preis zur Förderung der Übersetzung geisteswissenschaftlicher Literatur“ fördern der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Verwertungsgesellschaft Wort, das Auswärtige Amt und die Fritz Thyssen Stiftung die Übersetzung herausragender geistes- und sozialwissenschaftlicher Werke in die englische Sprache. Mit der Auszeichnung ist die Finanzierung der Kosten der Übersetzung verbunden.
Ziel der Übersetzungsförderung ist es, zu einer weltweiten Verbreitung der geisteswissenschaftlichen Forschungsergebnisse aus Deutschland beizutragen und zugleich Deutsch als Wissenschaftssprache und Sprache der Erstveröffentlichung geisteswissenschaftlicher Werke zu erhalten.
Darüber hinaus werden einzelne herausragende Werke mit einem Preis zur Förderung exzellenter geistes- und sozialwissenschaftlicher Publikationen ausgezeichnet.
Bewerben können sich Verlage mit Publikationen aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften.
Weitere Informationen und Antragstellung:
www.boersenverein.de/de/portal/Uebersetzungsfoerderung/186810
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Philipp Schwartz-Initiative
Philipp-Schwartz-Initiative
Die »Philipp-Schwartz-Initiative zur Förderung von internationalen Forschenden im Exil in Deutschland« wurde 2015 von der Alexander von Humboldt-Stiftung mit Unterstützung des Auswärtigen Amts ins Leben gerufen. Die Zuwendungen des Auswärtigen Amts zur Finanzierung des Programms werden durch private Mittel ergänzt. So beteiligt sich die Fritz Thyssen Stiftung zusammen mit der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, der Andrew W. Mellon Foundation, der Gerda Henkel Stiftung, der Klaus Tschira Stiftung, der Robert Bosch Stiftung und der Stiftung Mercator an diesem Förderprogramm mit Mitteln in Höhe von über zwei Millionen Euro. Mit dem Programm werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützt, die aufgrund von Krieg oder Verfolgung in ihren Heimatländern Schutz in Deutschland suchen.
Das Programm versetzt deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen in die Lage, gefährdete ausländische Forscherinnen und Forscher für zwei Jahre aufzunehmen, damit diese ihre Arbeit in Deutschland fortsetzen können. Ziel ist es, neben der Förderung von Personen auch eine Plattform für den Austausch zur besonderen Situation gefährdeter Forscherinnen und Forscher zu organisieren.
Die Initiative ist nach dem Pathologen jüdischen Glaubens Philipp Schwartz benannt, der 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen musste und die »Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland« gründete. Die Gemeinschaft konnte bis 1946 mehr als 2 000 Forscherinnen und Forscher ins Ausland vermitteln. Er selbst erhielt – so wie zahlreiche andere Forscher mit seiner Hilfe – einen Lehrstuhl in der Türkei, von wo er sich weiter für die Unterstützung geflohener Forscher einsetzte.
Weitere Informationen:
www.humboldt-foundation.de/web/philipp-schwartz-initiative.html
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Thyssen Lectures
Thyssen Lectures in Griechenland
Die Fritz Thyssen Stiftung setzt mit den »Thyssen Lectures« eine Tradition fort, die sie beginnend im Jahre 1979 nach Stationen in Deutschland auch an einer Reihe von Universitäten in Tschechien, Israel, der Russischen Republik und zuletzt in der Türkei initiiert hat.
Die Reihe in Griechenland wird über einen Zeitraum von vier Jahren unter der Leitung von Prof. Vassilios Skouris, dem ehemaligen Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs und jetzigem Direktor des Zentrums für Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (CIEEL), organisiert und ist dem Rahmenthema »Die EU als Europäische Rechts- und Wertegemeinschaft« gewidmet.
Die Europäische Union ist als eine Rechtsgemeinschaft entstanden, die von Anfang an gemeinsame Werte geteilt und verteidigt hat. Ging es ursprünglich um die Entwicklung und Vertiefung eines Gemeinsamen Marktes (später Binnenmarktes), so sind im Laufe der Jahre Grundwerte sichtbar geworden, die stark ausgebaut worden sind und heute ein solides Fundament bilden, insofern sie sowohl in den Verträgen über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union als auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich und ausführlich verankert sind. Diese Grundwerte, aber auch Recht und Gesetz als Grundlagen der Union werden in jüngster Zeit in Frage gestellt – und mit ihnen verliert die europäische Idee an Attraktivität. Die schwelende Finanzkrise, die terroristischen Anschläge und die Flüchtlingsströme werden in den Augen vieler als Gefahr für den Integrationsprozess gesehen, lösen nationale Initiativen aus und stärken politische Bewegungen mit extremen Zielen und antieuropäischem Einschlag. Dieses Phänomen verdient eine vertiefte Untersuchung aus historischer, ökonomischer, vor allem aber auch rechtswissenschaftlich- bzw. rechtspolitischer Sicht.
Ein Ziel dieser Förderung ist es, die Arbeit des Zentrums in Thessaloniki mit den wissenschaftlichen Partnern in Griechenland stärker zu vernetzen und dazu beizutragen, das Zentrum zu einem Ort des internationalen Austausches in der Rechtswissenschaft und angrenzenden Disziplinen zu machen.
Den Auftakt dieser Reihe machte Andreas Voßkuhle, der zur „Idee der Europäischen Wertegemeinschaft“ sprach; den zweiten Vortrag dieser Reihe hielt Ende 2018 der bulgarische Intellektuelle Ivan Krastev zum Thema „Is Europe Failing? On Imitation and Its Discontents“, gefolgt von einem Beitrag von Christoph Möllers, der im April 2019 zum Thema „Die Europäische Union als demokratische Föderation“ sprach. Im Oktober 2019 sprach die finnische Juristin und Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Pauliine Koskelo in Thessaloniki und Athen zum Thema „Is the EU incapable of upholding its core constitutional values? What then is the outlook for the union?”. An die Lecture des polnischen Verfassungsrechtlers Mirosław Wyrzykowski, der im November dieses Jahres zum Thema „Erosion des Verfassungsstaates“ spricht, schließt sich ein Vortrag der deutschen Rechtswissenschaftlerin Angelika Nussberger, Vize-Präsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, zum Thema „Ein neues Demokratiemodell für das 21. Jahrhundert?“ an.
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»Herzog-Ernst-Gaststipendienprogramm«
»Herzog-Ernst-Gaststipendienprogramm« am Forschungszentrum »Altes Buch/Alte Karte« Gotha-Erfurt
Das Programm für Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler fördert die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beständen der Forschungsbibliothek Gotha.
Die zur Universität Erfurt gehörende Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein in Gotha beherbergt eine der wichtigsten Sammlungen alter Drucke und Handschriften Deutschlands – 380.000 vor 1900 gedruckte Werke und circa. 11.300 Bände Handschriften. Damit ist die Gothaer Bibliothek nach den Staatsbibliotheken in Berlin und München und neben der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel die bedeutendste Bibliothek historischer Bestände des 16. und 18. Jahrhunderts in Deutschland.
Den Grundstein dazu legte Herzog Ernst I. (1601–1675), genannt der Fromme. Das nach ihm benannte Stipendienprogramm ermöglicht Doktorandinnen und Doktoranden sowie Postdoktorandinnen und Postdoktoranden über mehrere Monate die intensive Arbeit mit diesen Beständen und den Sammlungen des Verlages Justus Perthes Gotha. Betreut wird das Stipendienprogramm durch das Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt.
Die wissenschaftlich-inhaltliche Ausrichtung des Stipendienprogramms ist darauf abgestellt, den vielfältigen Beständen und dem universellen Geist der Gothaer Bibliothek Rechnung zu tragen. In diesem Sinne besitzt das Programm thematisch und interdisziplinär einen offenen Charakter.
Weitere Informationen:
www.uni-erfurt.de/forschungszentrum-gotha/herzog-ernst-stipendien/
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Forschungsstipendium am Historischen Kolleg München
Forschungsstipendium am Historischen Kolleg München
Die Fritz Thyssen Stiftung unterstützt die Arbeit des »Historischen Kollegs München« auch in den akademischen Jahren 2020/2021, 2021/2022 und 2022/2023 mit je einem Forschungsstipendium.
Das Historische Kolleg, 1980 errichtet und seit 1988 mit Sitz in der Kaulbach-Villa, ist ein Institute for Advanced Study der historisch orientierten Wissenschaften. Es gewährt Gelehrten einjährige Stipendien, damit sie sich frei von anderen Verpflichtungen in der einzigartigen Atmosphäre zwischen Bayerischer Staatsbibliothek und Englischem Garten ganz auf den Abschluss eines Buchprojektes konzentrieren können.
Berufungen in das Kolleg werden – wie Berufungen nach Princeton oder an das Collège de France – als Auszeichnungen verstanden. Bei der Auswahl, die das Kuratorium des Historischen Kollegs trifft, steht einzig die Förderung der Forscherpersönlichkeit im Vordergrund, nicht das Forschungsthema. Im Laufe des Kollegjahres diskutieren die Fellows ihr Forschungsprojekt jeweils im Rahmen eines Kolloquiums mit Fachkolleginnen und -kollegen. Die Ergebnisse dieser Tagungen erscheinen in der Reihe »Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien«.
Weitere Informationen:
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Residency Program für amerikanische Historiker
Residency Program für amerikanische Historiker
An der Eberhard Karls Universität Tübingen unterstützt die Fritz Thyssen Stiftung ein „Residency Program für amerikanische Historikerinnen und Historiker“.
Die Initiative zur Einrichtung eines „Residency Program“ für amerikanische Historikerinnen und Historiker an der Eberhard Karls Universität Tübingen ging von der Organization of American Historians (OAH), einer der großen Standesverbände von Historikerinnen und Historikern an Universitäten der USA, aus. Die OAH unterhält seit Längerem ein sehr erfolgreiches Partnerschaftsprogramm mit der Universität Kobe in Japan und ist nun an einem Ausbau der Vernetzung ihrer Mitglieder in Europa interessiert. Ziel ist es, das Interesse an amerikanischer Geschichte an europäischen Universitäten zu verstärken. Pro Jahr kommt ein amerikanischer Historiker oder eine Historikerin (Professor/in an einem College oder einer Universität) für fünf Wochen nach Tübingen, um eine Lehrveranstaltung in Blockform anzubieten. Für Tübinger Studierende bedeutet dies eine wirkungsvolle Ergänzung der Seminare zur außereuropäischen Geschichte.
Weitere Informationen:
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Alfred Grosser Lehrstuhl
Alfred Grosser Lehrstuhl
Die Fritz Thyssen Stiftung unterstützt den »Chaire Alfred Grosser« an der Universität Sciences Po, Paris. Das Programm verantworten Prof. Jakob Vogel und Prof. Cornelia Woll.
Der Alfred Grosser Lehrstuhl wurde mit dem Ziel eingerichtet, die komparative und interdisziplinäre Forschung und Lehre zu Deutschland, den deutsch-französischen Beziehungen und Deutschland in Europa und der Welt, die von Prof. Alfred Grosser an Sciences Po begründet wurden, zu verstetigen. Der Lehrstuhl hat außerdem die Aufgabe, akademischen und wissenschaftlichen Austausch zwischen Frankreich und Deutschland anzuregen, gemeinsame Forschungsprojekte zu fördern und die individuellen Karrieren sowohl von aufstrebenden als auch von bereits etablierten europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu unterstützen. Sciences Po lädt dazu jährlich zwei deutsche Sozialwissenschaftler ein, an Sciences Po zu lehren und zu forschen. Zu den Lehrstuhlinhabern gehörten in den letzten Jahren u. a. Jessica Gienow-Hecht (Geschichtswissenschaft), Urs Gruber (Rechtswissenschaft), Karin Schittenhelm (Soziologie), Moritz Schularick (Volkswirtschaft) und Gerald Schneider (Politikwissenschaft). Das Programm weist sowohl in Bezug auf die Zufriedenheitswerte der Studierenden als auch auf die verstärkte Kooperation zwischen Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern in Deutschland und Frankreich signifikante Erfolge vor.
Aus diesem Grund wird mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung das Programm des Alfred Grosser Lehrstuhls weitergeführt und ausgeweitet. Insbesondere wird das Programm in Bezug auf die Dauer des Aufenthaltes der Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler erweitert. So werden die eingeladenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nunmehr anstatt eines Semesters ein gesamtes Jahr an Sciences Po lehren und forschen können. Insbesondere in Bezug auf Forschungskooperationen und -ergebnisse ist hieraus ein signifikanter Mehrwert zu erwarten.
Als erste Inhaber des Alfred Grosser Lehrstuhls in diesem neuen von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Format wurden Prof. Günter Frankenberg (Rechtswissenschaft) und Dr. Felix Heidenreich (Politikwissenschaft) für das akademische Jahr 2017-2018 berufen.
Im akademischen Jahr 2018/19 bekleideten Prof. Dr. Joachim Englisch (Rechtswissenschaft) und Prof. Dr. Dieter Gosewinkel (Geschichtswissenschaft) den Alfred Grosser Lehrstuhl. Professor Englisch forschte zu effektiver internationaler Steuerkoordinierung, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, zu Besteuerungsrechten im Bereich des Datenzugriffes und zur Besteuerung von Robotersystemen. Neben Kontakten an Sciences Po konnte Professor Englisch hierbei insbesondere die Nähe zur OECD nutzen, wo die Besteuerung der digitalen Wirtschaft zur Zeit intensiv diskutiert wird. Ein interdisziplinärer Workshop mit führenden Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftlern Frankreichs ist für den Herbst geplant, wo die französischen Wirtschaftsweisen auch bis dahin gesperrte Ergebnisse aus dem Umfeld der französischen Regierung präsentieren werden. Professor Englisch lehrte an Sciences Po zu Themen der Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft, hat im Laufe des Jahres zentral diskutiere Artikel zu diesen hochaktuellen Themen veröffentlicht und hat seine Ergebnisse in den verschiedensten Kontexten auch im europäischen Ausland und darüber hinaus vorgestellt.
Prof. Dr. Gosewinkel forschte zur Geschichte von Terrorismus und Terrorabwehr in Frankreich seit dem Zweiten Weltkrieg, mit einer vergleichenden Komponente zu Deutschland und Frankreich. Professor Gosewinkel konnte neben Kontakten an Sciences Po und anderen Pariser Universitäten verschiedene französische Archive, zu denen ihm besondere Zugangsrecht ermöglicht wurden, sowie Interviews mit (ehemaligen) französischen Entscheidungsträgern für seine Forschung nutzbar machen, die ohne einen längerfristigen Aufenthalt in Paris unmöglich gewesen wären. Die Ergebnisse seiner Forschung, sowie die produktiven Kontakte in Sciences Po und der französischen Wissenschaftslandschaft, ermöglichten überdies die Planung eines Buchmanuskripts zur Überschreitung des staatlichen Gewaltmonopols: „Terrorabwehr und gezielte Tötungen“. Professor Gosewinkel lehrte sowohl am deutsch-französischen Campus von Sciences Po in Nancy als auch am Campus Paris, veranstaltete ein großes abschließendes internationales Kolloquium zum Thema „Lutte anti-terroriste ou terreur d’Etat? Sur le terrorisme et les limites du monopole de violence en France et en Allemagne depuis la Deuxième Guerre mondiale“ und veröffentlichte mehrere Artikel zum Thema.
Beide Lehrstuhlinhaber profitierten von ihrem Aufenthalt insbesondere dadurch, dass mehrere Forschungsmonate ermöglichten, langfristig ihre Untersuchungen vor Ort planen zu können und neue und intensive Kontakte in ihren jeweiligen Forschungsfeldern zu schließen. In beiden Fällen sind Anschlusstätigkeiten an Sciences Po eingeplant, sowie Einladungen französischer Kolleginnen und Kollegen an ihre jeweiligen Heimatinstitutionen.
Für das akademische Jahr 2021/2022 wurden Prof. Dr. Ulrich Krotz (Politikwissenschaft) und Dr. habil. Gilad Ben-Nun (Geschichtswissenschaften) auf den Alfred Grosser Lehrstuhl berufen.
Weitere Informationen:
http://www.sciencespo.fr/international/en/content/alfred-grosser-chair
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Reimar Lüst-Preis
Reimar Lüst-Preis
Für Geistes- und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die in der bilateralen wissenschaftlichen und/oder kulturellen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem Heimatland hoch angesehene und wichtige »Multiplikatoren« sind, deren wissenschaftliche Arbeiten aber – meist schon aufgrund ihrer »bilateralen« Ausrichtung – von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern außerhalb Deutschlands nur eingeschränkt rezipiert werden, gab es in Deutschland bisher keine international wahrgenommene und anerkannte Förderung. Es handelt sich bei diesen Forscherinnen und Forschern aber besonders häufig um überragend wichtige Kooperationspartnerinnen und -partner für die deutsche Wissenschaft. Mit dem durch die Alexander von Humboldt-Stiftung und die Fritz Thyssen Stiftung ins Leben gerufenen »Reimar Lüst-Preis für internationale Wissenschafts- und Kulturvermittlung« werden ausgewählte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich in dieser Weise als »Multiplikatoren« engagiert haben, ausgezeichnet. Benannt ist der Preis nach dem ehemaligen Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung und früheren Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Fritz Thyssen Stiftung.
Der Preis wird jährlich an bis zu zwei hoch angesehene Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler aus dem Ausland verliehen, die durch ihr wissenschaftliches Werk die akademischen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Herkunftsland bzw. der Herkunftsregion maßgeblich geprägt haben. Die Preise sind jeweils mit 60 000 Euro dotiert.
Preisträgerinnen und Preisträger:
2021:
- Sonja Mejcher-Atassi (Libanon)
Sonja Mejcher-Atassi ist außerordentliche Professorin für Moderne Arabische Literatur und vergleichende Literaturwissenschaften an der englischen Fakultät der American University of Beirut, Libanon. Mit ihren Arbeiten zur modernen und zeitgenössischen arabischen Literatur, zu den wechselseitigen Beziehungen zwischen Wort und Bild, Literaturgeschichte und Buchkunst, Kultur und Politik, hat sie entscheidend an der Vermittlung der arabischen Moderne in die Welt mitgewirkt. So porträtierte sie in ihrem jüngsten Buchprojekt das Leben und das Werk des palästinensischen Schriftstellers, Kunstkritikers und Faulkner- und Beckett-Übersetzers Dschabra Ibrahim Dschabra der als „starke Stimme der arabischen Moderne“ gilt. Wie aber kann die arabische Moderne Wissenschaft und Publikum zugänglich gemacht werden, wenn die Archive zum Teil zerstört oder bedroht sind? Für ihre Arbeit zum bedeutenden arabischen Dramatiker Saadallah Wannous war Mejcher-Atassi persönlich an der Rettung von dessen privatem Archiv aus Syrien beteiligt. Mejcher-Atassi wird als Reimar Lüst-Preisträgerin einen Forschungsaufenthalt am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Philipps-Universität Marburg verbringen. - Lilia Moritz Schwarcz (Brasilien)
Lilia Moritz Schwarcz ist Professorin für Sozialanthropologie an der Universität São Paulo in Brasilien. Sie ist Hochschullehrerin, Verlegerin und prominente intellektuelle Figur in Brasilien, wo sie sich für Demokratie, freie Wissenschaft, Kultur und Kunst einsetzt. Ihre Arbeiten zur Kolonialgeschichte Brasiliens wurden mehrfach preisgekrönt und haben das Verständnis der Geschichte des Landes wesentlich verändert. Die Kooperation mit der Freien Universität Berlin ermöglicht einen wichtigen Austausch zwischen der Preisträgerin und der deutschen Lateinamerika-Forschung zur brasilianischen Geschichte und Kultur sowie zur Entstehung von Rassismus, Archiven im globalen Kontext und postkolonialen Problemstellungen der Gegenwart.
2020:
- Robert Gerwarth (Irland)
Robert Gerwarth ist Professor für Modern History am University College Dublin, Irland, sowie Gründungsdirektor des dortigen Zentrums für Kriegsstudien. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte der politischen Gewalt in Deutschland und Europa im 20. Jahrhundert. Dazu hat er viel beachtete und in über 30 Sprachen übersetzte Monographien vorgelegt. Seine Arbeiten beispielsweise über die deutsche Novemberrevolution von 1918 oder das Erbe des Ersten Weltkriegs haben durch ihre Neuinterpretationen wissenschaftliche Diskussionen ausgelöst und die Bewertungen des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik verändert.
Zusammen mit dem deutschen Historiker Sönke Neitzel begründete Gerwarth den Masterstudiengang International War Studies, den Studierende in Potsdam und Dublin absolvieren. Als Reimar Lüst-Preisträger plant er eine Kooperation mit Kollegen am Lehrstuhl für Militärgeschichte und die Kulturgeschichte der Gewalt der Universität Potsdam. Dort will er an einer großen Studie über Bürgerkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeiten. - Sung-Soo Kim (Südkorea)
Der Rechtswissenschaftler Sung-Soo Kim ist Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht an der Yonsei Law School in Seoul, Südkorea. Er ist Verfasser des koreanischen Standardwerks zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, hat sich darüber hinaus aber auch mit anderen Themen wie dem Steuer-, Umwelt- oder Wasserrecht befasst. Insbesondere hat er sich in Korea einen herausragenden wissenschaftlichen Ruf erarbeitet mit seiner Forschung zur Entwicklung von einem paternalistischen hin zu einem partnerschaftlichen Staatsverständnis sowie zum Konzept der Public Private Partnership. Den gesellschaftlichen Wandel Koreas begleitet Kim mit juristischer Expertise.
Seine Forschung ist dabei stets international ausgerichtet. Er wurde nicht nur in Deutschland promoviert, sondern fördert als Brückenbauer bis heute die Zusammenarbeit deutscher und koreanischer Rechtswissenschaftler, indem er Konzepte des deutschen Verwaltungsrechts nach Korea vermittelt. Seine Zusammenarbeit als Reimar Lüst-Preisträger mit Kollegen der Friedrich-Schiller-Universität Jena soll beide Seiten bereichern: Die Rezeption des deutschen Rechts in Ostasien sowie deutsche Untersuchungen zum koreanischen Recht sollen gemeinsam diskutiert werden. Auch in Hinblick auf die Teilungsgeschichte beider Länder ist ein Austausch von Bedeutung.
2019:
- Toshiyuki Kono (Japan)
Toshiyuki Kono ist Professor für Rechtswissenschaften an der Kyushu University in Fukuoka (Japan). Neben seinen akademischen Forschungen zu internationalem Privatrecht und der Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten hat sich Toshiyuki Kono vor allem auf dem Feld des nationalen und internationalen Kulturgüterschutzes verdient gemacht. 2018 wurde er zum ersten japanischen Präsidenten des ICOMOS International (International Council on Monuments and Sites) gewählt, nachdem er bereits mehrere Jahre Vorsitzender der nationalen japanischen Kommission des Committee for Cultural Affairs der UNESCO war. Er leitet zudem das Projekt „The Transparency of Japanese Law“ an der Kyushu University, das rechtliche Informationen in verschiedenen Bereichen und Übersetzungen von japanischen Urteilen bereitstellt, um japanisches Recht auch international verständlich zu machen.Seine Zusammenarbeit als Reimar Lüst-Preisträger mit Kollegen am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster soll die Beziehung von Kuturgüterschutz und Markenrechten beleuchten. - Hannah Ginsborg (USA)
Die Philosophie-Professorin Hannah Ginsborg forscht an der University of California in Berkeley (USA). Sie hat bedeutende Beiträge sowohl zur Geschichte der Philosophie als auch zur zeitgenössischen Philosophie des Geistes, der Sprach- und Kunstphilosophie geleistet. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Idee einer primitiven Form der Normativität, die sie aus der ästhetischen Theorie Kants abgeleitet hat. Sie ist eine wichtige Mittlerin im Austausch von deutscher und anglo-amerikanischer Philosophietradition. Verschiedene Forschungsaufenthalte führten sie in der Vergangenheit bereits nach Deutschland.Als Reimar Lüst-Preisträgerin plant sie eine Kooperation mit Kollegen an der Humboldt-Universität zu Berlin, hier insbesondere zum Verhältnis ihrer Idee der „primitive normativity“ und der Verbindung von Sollen und Wollen. Außerdem will sie sich mit Kollegen in Leipzig (Humboldt-Professor James Conant), Köln (Humboldt-Professor Sven Bernecker) und Tübingen austauschen.
2018:
- Ulinka Rublack (Großbritannien)
- Mara R. Wade (USA)
2017:
- Mary Lindemann (USA)
- Sheila Jasanoff (USA)
2016:
- W. Daniel Wilson (Großbritannien)
- Raanan Rein (Israel)
2015:
- Rüdiger Görner (Großbritannien)
- Jacob Kehinde Olupona (USA)
2014:
- M. Olivier Beaud (Frankreich)
- Myles W. Jackson (USA)
2013:
- Vladimir Salac (Tschechische Republik)
- Keiichi Yamanaka (Japan)
2012:
- Moawiyah M. Ibrahim (Jordanien)
2011:
- Daniel W. Bromley (USA)
- John J. Kanet (USA)
2009:
- Elinor Ostrom (USA)
- Roland Recht (Frankreich)
2008:
- David Simo (Kamerun)
- Jean-Claude Schmitt (Frankreich)
2007:
- Kenneth W. Dam (USA)
- Koresuke Yamauchi (Japan)
Weitere Informationen: - Sonja Mejcher-Atassi (Libanon)
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Thyssen@IAS CEU Fellowship Program
Thyssen@IAS CEU Fellowship Program
Im Rahmen des »Thyssen@IAS CEU Fellowship Program« des Institute for Advanced Study an der Central European University (IAS CEU) stellt die Stiftung ab 2017 für die kommenden fünf Jahre Fördermittel für jährlich je ein Junior und ein Senior Fellowship bereit.
Das Universitätsbasierte Institute for Advanced Study IAS CEU bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Geistes- und Sozialwissenschaften die Möglichkeit, sich frei von sonstigen Verpflichtungen für ein akademisches Jahr auf ein selbstgewähltes Forschungsvorhaben zu konzentrieren. Hierzu werden Nachwuchs- sowie etablierte Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler nach Budapest eingeladen, um in einem interdisziplinären und kreativen Umfeld eine intensive Bearbeitung ihres Vorhabens verfolgen zu können.
Das IAS CEU wurde 2011 gegründet und löste damit das bis dahin seit 1992 bestehende Collegium Budapest ab. Letzteres wurde auf Initiative des Wissenschaftskollegs zu Berlin, eingebettet in einen europäischen Förderverbund, als erstes Institute for Advanced Study in Ost-/Mitteleuropa gegründet, um die dortigen Wissenschaften zu fördern und die Wissenschaftsbeziehungen zwischen West und Ost zu stärken.
Die Auswahl der Fellows erfolgt in einem hoch kompetitiven dreistufigen Verfahren, das externe Gutachterinnen und Gutachter sowie ein Academic Advisory Board einbindet. Die von der Fritz Thyssen Stiftung bereitgestellten Stipendien, deren Vergabe sie sich nach Prüfung jedes Einzelfalls vorbehält, haben in der Regel eine zehnmonatige Laufzeit.
Weitere Informationen:
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Boost Your Research – Young Investigator Fund for Innovative Research Ideas
Boost Your Research – Young Investigator Fund for Innovative Research Ideas
Die Fritz Thyssen Stiftung unterstützt gemeinsam mit der Schering Stiftung erfolgversprechende Forschungsideen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Anschubfinanzierung. Gefördert werden Projekte aus dem Bereich der biochemischen, neurowissenschaftlichen oder immunologischen Grundlagenforschung mit biomedizinischer Implikation.
Das Programm richtet sich explizit an hoch motivierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die eine unabhängige wissenschaftliche Karriere anstreben und eigene Forschungsideen abseits des Forschungsthemas ihres Mentors verwirklichen möchten. Mit dem Förderprogramm sollen Forschungsvorhaben, die mit den vorhandenen Mitteln und Ressourcen nicht umgesetzt werden können und für die mangels Vorarbeiten noch keine anderweitige Finanzierung beantragt werden kann, ermöglichen. Die Anschubfinanzierung soll damit die Voraussetzung für eine anschließende mehrjährige Drittmittelförderung schaffen.
Weitere Informationen: