Förderung Geförderte Vorhaben Glück als Schlüsselbegriff der Ethik bei Albertus Magnus. Philosophische Erschließung und kritische Edition des ersten Buchs seines zweiten Ethikkommentars („Ethica“)

Glück als Schlüsselbegriff der Ethik bei Albertus Magnus. Philosophische Erschließung und kritische Edition des ersten Buchs seines zweiten Ethikkommentars („Ethica“)

Der mittelalterliche Theologe und Bischof Albertus Magnus (ca. 1200-1280) nimmt mit seinem umfassenden Werk, das ihm den Beinamen des „Doctor universalis“ eingebracht hat, eine bedeutende Scharnierstellung zwischen griechischer sowie arabischer Philosophie und der lateinisch-christlichen Welt ein.

Mit seinen beiden Kommentaren zur Nikomachischen Ethik des Aristoteles hat er tiefe Fußspuren in der Geschichte der abendländischen Ethik hinterlassen und die Wahrnehmung der aristotelischen Ethik im christlichen Mittelalter und darüber hinaus nachhaltig bestimmt.

Zugleich interpretiert Albert nicht nur Aristoteles, sondern schreibt ihn kommentierend kreativ fort: Er entwickelt in Auseinandersetzung mit der Nikomachischen Ethik eine eigenständige „peripatetische Ethik“, die inhaltlich stark auf die Anthropologie, Kosmologie und Intellekt-Lehre der von ihm intensiv rezipierten neuplatonischen und arabischen Philosophie zurück­greift. Diese philosophische Ethik stellt er in seinen beiden Kommentaren auf wissenschaftstheoretisch gesicherte Füße und grenzt sie deutlich von der mittel­alterlichen (Moral-)Theologie ab.

Bei diesem Unternehmen kommt dem Konzept des Glücks (gr.: „eudaimonia“, lat.: „beatitudo“ bzw. „felicitas“) eine Schlüsselstellung zu. Albert rehabilitiert gegen Augustinus die Idee substantieller innerweltlicher Glücksmöglichkeiten und legt eine über Aristoteles deutlich hinausgehende originelle Konzeption vor, welche die beglückende Tätigkeit in der Kontemplation des erworbenen Intellekts („intellectus adeptus“) ansiedelt. Auf diese Weise wird Glück von ihm als erstes und grundlegendes Prinzip der Ethik etabliert, womit Albert den antiken Eudämonismus aufgreift und ihn im christlichen Kontext philosophisch anspruchsvoll weiterentwickelt.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, den bisher in der Forschung weitgehend unterschätzten Beitrag des zwei­ten Kommentars zur aristotelischen Ethik am Fallbeispiel der Behandlung des Glücks als erstem Prinzip der Ethik in „Ethica I“ genauer unter die Lupe zu nehmen. Die so beabsichtigte „Rehabilitierung“ von Alberts zweitem Kommentar als Schlüsseltext der philosophischen Ethik im Mittelalter wird dabei in zwei eng miteinander ver­zahnten Projektsäulen realisiert:

Die philosophiehistorischen und philosophischen Grund­koordinaten werden durch eine Reihe von Artikeln zu „Ethica I“ erhellt, die in international renommier­ten Fachzeitschriften auf Englisch publiziert werden sollen. Inhaltlich steht dabei die Frage im Vordergrund, wie Albert den aristotelischen Glücksbegriff durch Elemente aus der stoischen, (neu-)platonischen und arabischen Tradition anreichert (bzw. transformiert) und ihn dadurch in eine umfassendere kosmologisch konzipierte „Metaphysik des Guten“ einbettet. Dabei kommt neben der philosophiehistorischen Ausleuchtung der verschiedenen Themenkomplexe auch die philosophische Kohärenz und Tragfähigkeit des albertinischen Konzepts auf den Prüf­stand.

Der zweite Projektteil, in dem mit dem Albertus-Magnus-Institut in Bonn zusammengearbeitet wird, be­steht in der kritischen Edition von „Ethica, Buch I“ als Teilband der Kölner Werkausgabe („Editio Coloniensis“) der „Opera omnia“ von Albertus Magnus. Mit der Edition sollen weitere Impulse gesetzt werden, die „Ethica“ verstärkt auf die Landkarte der Philosophie­geschichtsschreibung und der philosophischen Ethik zu bringen; zudem wird so auch eine Reihe von überlieferungsgeschichtlich relevanten Forschungsfragen (z. B. im Blick auf Übersetzungen der „Nikomachischen Ethik“ im 13. Jahrhundert) adressiert.

In der Kombination und im wechselseitigen Surplus die­ser beiden Projektteile sind somit sowohl philosophische Erkenntnisse als auch philologische Fortschritte intendiert, die signifikant zum Verständnis der albertinischen Ethik als zentrale Gelenkstelle der praktischen Philoso­phie im Mittelalter beitragen.

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