Forschungen zu Gilles Ménage, erster großer französischer Etymologe im Zeitalter des einsetzenden Rationalismus
Beschäftigte sich die bisherige Forschung zum „Dictionnaire étymologique, ou Origines de la langue françoise“ von Gilles Ménage (1613–1692) aus dem Jahre 1694 eher mit der „Peripherie“ des monumentalen Werks dieses Gelehrten, geht es in diesem Projekt stärker darum, allgemeingültigere Aussagen über das immense etymologische Werk Ménages zu treffen.
Ziel des Projekts ist es daher, die große etymologische Anstrengung des Gelehrten, der als der bedeutendste des 17. Jahrhunderts in Frankreich gilt und wohl von Molière kritisch in seinen Komödien verewigt worden ist, in die Geistesströmung seiner Zeit, in die des aufkommenden Rationalismus in Frankreich einzuordnen. Dazu werden folgende Fragen untersucht: Was charakterisiert dieses erste bedeutende etymologische Wörterbuch des Französischen, dessen Rang von der Fachwelt im Bereich der worthistorischen Forschung (des Französischen) längst anerkannt ist? Was sind die wichtigsten Züge dieses Denkmals (der Geschichte) der französischen Etymologie?
Dazu erstellen Prof. Osthus und sein Mitarbeiter Amine Bounaira M. A. ein ausreichend repräsentatives Korpus von 300 Einträgen, was ca. zehn Prozent der Gesamteinträgezahl darstellt. Mit diesem Korpus werden wesentliche Aspekte der Suche nach dem Ursprung vor allen Dingen französischer Wörter durch Gilles Ménage eingehend und umfassender als es bisher je geschehen ist, beleuchtet. Zudem wird an diesem Korpus exhaustiv und systematisch untersucht, wie Ménage an diese Problemstellung herangegangen ist und warum er sich gegebenenfalls für eine Alternative unter mehreren ihm möglich erscheinenden Vorschlägen entschied. Konkret werden der geistesgeschichtliche Hintergrund, die etymologische Begründung und Entscheidung, die Provenienz, der mögliche Ertrag für die heutige etymologische Forschung, Wortschatzaspekte, Berührungspunkte mit anderen sprachwissenschaftlichen Disziplinen sowie sprachliche Register, Sprachvarianten, Sondersprachen etc. untersucht. Außerdem wird geklärt, ob sich Entscheidungsmuster typisieren und soetwas wie Tendenzen in gleichartigen Entscheidungssituationen feststellen lassen.
Zudem wird dargestellt, wie Ménage beim Etymologisieren – zumindest von der Begrifflichkeit her – von der aufkommenden Philosophie René Descartes beinflusst war. Dies lässt sich schon an den auffällig oft verwendeten „rationalistisch gefärbten“ Termini „vray-semblable“ und „véritable“ und nicht zuletzt „raisonnable“ erkennen. Überdies wird schärfer und globaler als bisher die etymologische Vorgehensweise Ménages dargestellt. Außerdem werden erstmals Gesichtspunkte berücksichtigt, die heute als „interdisziplinär“ bezeichnet werden. Dazu gehört die historische Grammatik, die erstmals konsequent mit der historischen Wortforschung, soweit sie Gilles Ménages möglich war, ins Verhältnis gesetzt wird. Zudem spielt die Frage nach Ménages Quellen für sein historisches Wörterbuch eine prominente Rolle.
Als Resultat des vorliegenden Projekts wird also eine umfassende Ergründung von Ménages letzter, zu Lebzeiten besorgten Ausgabe der ‚Origines‘ von 1694 dargestellt werden, um so gleichsam einen Blick in die „etymologische Werkstatt“ des großen französischen Etymologen und Wegbereiters der wissenschaftlichen Etymologie werfen zu können.