Förderung Geförderte Vorhaben Versachlichung der Schuld. Materieller Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg

Versachlichung der Schuld. Materieller Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg

Untersucht werden die expliziten Strategien von Vertretern aus Politik, Bauwirtschaft und Bautechnik im Umgang mit den Kriegsschäden, aber auch deren unausgesprochene Konvergenzen in einer Zeit des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Neuanfangs

Das Forschungsprojekt untersucht das Wechselspiel aus Bauarbeiten und Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg im Zeitraum zwischen dem Waffenstillstand vom November 1918 und der Konferenz von Lausanne 1932. Dabei dient der Bausektor als methodische Sonde, um einen ambivalenten Wirkungszusammenhang bloßzulegen, den die Geschichtsschreibung zur Zwischenkriegszeit bislang vernachlässigt hat: Die im Versailler Vertrag angedachte Praxis der Reparationen durch Sachleistungen führte dazu, dass das Deutsche Reich zu einem teils imaginierten, teils realen, in jedem Fall aber kontroversen Akteur bei den Aufbauarbeiten auf den ehemaligen europäischen Kriegsschauplätzen wurde. Mit den Aufbaukrediten des Dawes-Plans von 1924 setzte sich die Politisierung des Bauwesens fort. In den späten 1920er-Jahren bauten deutsche Firmen im vom Krieg am schwersten betroffenen Frankreich und Belgien, aber auch im neutralen Portugal, im neugegründeten Jugoslawien sowie in den europäischen Kolonien zumindest punktuell „auf Reparationskonto“. Die politischen Forderungen, moralischen Erwartungen, ökonomischen Opportunitäten und symbolischen Aufladungen, auf denen diese Praxis beruhte, sind Gegenstand des Forschungsprojekts. Es zeigt, dass die Grenzen von Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik durchlässiger und Kategorien wie „Kriegsgewinner“ und „Kriegsverlierer“ hybrider waren als bislang für die Versailler Ordnung angenommen, die in erster Linie eine Nachkriegs- und keine Zwischenkriegsordnung war. Zugleich leuchtet es den historischen Erfahrungsraum aus, in dem nach 1945 Wiederaufbau erneut verhandelt und thematisiert wurde.

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