Die öffentliche Verwaltung kennzeichnen ambivalente, funktionale und potentiell dysfunktionale Systemeigenschaften. Regelbindung, Hierarchie und Arbeitsteilung schaffen klare Verantwortlichkeiten, sie gewährleisten Berechenbarkeit und Fachkunde, können aber auch Initiativlosigkeit, »Silodenken« und Überlastung durch die eigenen Regelwerke erzeugen. Erfahrene Praktikerinnen und Praktiker halten die dysfunktionalen Eigenschaften der Verwaltung durch den pragmatischen Umgang mit Ermessensspielräumen und informelle Kooperation jenseits des Dienstwegs unter Kontrolle.
Krisen entstehen typischerweise, wenn die Selbstkorrekturen der Verwaltung durch ungünstige Randbedingungen geschwächt oder außer Kraft gesetzt werden. Das gilt einerseits für Ungleichgewichte zwischen Aufgaben und Ressourcen, andererseits für in Kauf genommenes oder gar mutwillig in Szene gesetztes Unwissen über Systemeigenschaften. Verwaltung kann überlastet, unterfinanziert und demografisch überfordert sein. Sie kann aber auch willens und in der Lage sein, ihr Bestes zu geben, und dabei an die Grenzen von Ignoranz und Ideologie stoßen. Wolfgang Seibel widmet sich beiden Schlüsselphänomenen anhand theoretischer Überlegungen und einer Reihe empirischer Fälle.
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Im Anschluss an seinen Vortrag kommt Wolfgang Seibel mit dem Soziologen Armin Nassehi ins Gespräch.
Wolfgang Seibel ist emeritierter Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz und Senior Fellow der Hertie School in Berlin.
Armin Nassehi ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.