Förderung Geförderte Vorhaben Wilhelm Emrich – der akademische und berufliche Lebensverlauf eines Geisteswissenschaftlers vor, in und nach der NS-Zeit: exemplarische Konstellationen einer Intellektuellen-Geschichte 1929-1959

Wilhelm Emrich – der akademische und berufliche Lebensverlauf eines Geisteswissenschaftlers vor, in und nach der NS-Zeit: exemplarische Konstellationen einer Intellektuellen-Geschichte 1929-1959

Das Projekt will exemplarisch den akademischen und beruflichen Lebenslauf des fachgeschichtlich einflussreichen Germanisten Wilhelm Emrich (1908-1998) nachzeichnen.

In einer Kombination von biographischer Rekonstruktion, Historiographie geistiger Eliten und Institutionengeschichte sollen im Rahmen des Projekts mentalitätsgeschichtliche, milieutypische und institutionelle Konstellationen erschlossen werden.
Ausgehend von Emrichs Biographie sollen im Rahmen des Projekts konkret Aufschlüsse über personen- und institutionengeschichtliche Entwicklungen in den 1920-50er Jahren erbracht und dabei Kontinuitäten und Brüche der deutschen Germanistik angesichts der gesellschaftshistorischen Zäsuren von 1933 und 1945 herausgearbeitet, die Beeinflussung der Geisteswissenschaft durch gesellschaftliche Erwartungen und politische Lenkung dokumentiert und mit der Erhellung generationenbezogener Lebensmuster von Wissensproduzenten zur Historiographie intellektueller Eliten und ihrer Habitusformen beigetragen werden.
An Emrich ist eine intellektuelle Sozialisation in drei politischen Systemen beobachtbar. Bis zu seiner Promotion 1933 an der Universität Frankfurt erfuhr er seine wissenschaftliche Prägung u. a. von P. Tillich und Th. W. Adorno und war führendes Mitglied der Roten Studentengruppe und der Sozialistischen Arbeiterpartei. 1935 trat er in die NSDAP ein, arbeitete als Lektor für die Deutsche Akademie auf dem Balkan, erhielt 1938 ein Habilitationsstipendium und war 1942-44 als Referent am Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) tätig. Ein entlastendes Entnazifizierungsverfahren (1948) ermöglichte ihm in der Nachkriegszeit die Hochschullaufbahn. 1959-78 lehrte er als ordentlicher Professor an der Freien Universität Berlin. Jenseits seiner akademischen Karriere wird v. a. die Rezeptionsgeschichte des Romans „Der Urfreund“ (1996) beleuchtet, in dem Konrad Mautz Fakten aus Emrichs Biographie fiktional verarbeitete und der vielfach als Schlüsselroman gelesen wurde. Infolge dieses Buches wurde Emrich – mit Blick auf die Überarbeitungen seiner Habilitation und einige seiner Aufsätze – als Gesinnungstäter der NS-Ideologie angeklagt.
Wichtigste Quellengrundlage des Vorhabens ist der seit 2014 im Deutschen Literaturarchiv Marbach liegende umfangreiche und bislang unausgewertete Nachlass Emrichs.

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