Grammatische Unbestimmtheit. Empirische Differenzierung von Ambiguität, Vagheit und Polysemie
Unbestimmtheit ist in natürlichen Sprachen keine Ausnahme, sondern findet sich auf allen sprachlichen Ebenen.
Sie tritt dabei nicht nur häufig auf, sondern stellt einen zentralen Mechanismus im grammatischen Wandel sowie ein frequentes Phänomen in der empirisch basierten grammatischen Klassifikation dar. Obwohl Unbestimmtheitsphänomene ein zentrales Charakteristikum für grammatischen Wandel und die Klassifikation grammatischer Einheiten darstellen, nutzen einzelne Arbeiten dazu weder einheitliche theoretische Konzepte für Phänomene wie Ambiguität, Polysemie und Vagheit, noch ist dort eine phänomenübergreifende empirische Operationalisierung von Unbestimmtheit etabliert. So bleibt die theoretisch fundierte und empirisch belastbare Analyse grammatischer Unbestimmtheitsphänomene ein Desiderat der empirischen Grammatikforschung.
Diese Entwicklung und Etablierung eines theoretisch fundierten Konzepts zur empirischen Analyse von Unbestimmtheit in der Grammatik stellt daher das Ziel des Projekts dar. Dafür geht Prof. Ellsäßer davon aus, dass sich die beschriebenen Phänomene der Unbestimmtheit anhand von Ansätzen insbesondere aus der theoretischen Semantik klassifizieren lassen.
Mit dem Projekt erhofft Prof. Ellsäßer also einen wichtigen Beitrag für die empirische Linguistik zu leisten, der sich langfristig auch auf die Klassifikation grammatischer Konzepte in der Schulgrammatik auswirkt. So würden durch die einheitliche Operationalisierung grammatischer Unbestimmtheitsphänomene erstmals komparative Aussagen über den Einfluss und die Auswirkung von Unbestimmtheit auf den grammatischen Wandel und die grammatische Kategorisierung allgemein ermöglicht. Dies betreffe insbesondere Phänomene der Grammatikalisierung sowie die Kriterien der Wortartenklassifikation.
Mit dem Projekt möchte Prof. Ellsäßer einen ersten Grundstein für aufbauende und vergleichende Arbeiten zu unterschiedlichen Phänomenen grammatischer Unbestimmtheit legen. So könnten Studien zu unterschiedlichen Einzelphänomenen im Rahmen von Metaanalysen miteinander verglichen und miteinander in Bezug gesetzt werden – ein Verfahren, das sich derzeit in der empirischen Linguistik etabliert hat und äußerst vielversprechende Perspektiven für die Grammatikforschung bietet. So macht das Projekt Unbestimmtheit als zentralen Mechanismus im grammatischen Wandel und der synchronen grammatischen Klassifikation theoretisch und empirisch greifbar.