FörderungGeförderte VorhabenDemocracy in Crisis: The Role of Emotions and Affective Polarization for Citizens’ Political Support During Threatening Events
Democracy in Crisis: The Role of Emotions and Affective Polarization for Citizens’ Political Support During Threatening Events
In den vergangenen Jahren haben europäische Demokratien eine Reihe von Krisen durchlaufen. Von der Eurokrise über die sogenannte Flüchtlingskrise, der Klimakrise bis zur aktuellen Covid-19 Pandemie sind sie fast kontinuierlich im „Krisenmodus“.
Dr. Ziller untersucht vor diesem Hintergrund, welche Auswirkungen solche bedrohlichen Krisensituationen für die politische Unterstützung der Bürger für ihre Regierung und das politische System haben. Mit dem Fokus auf die Gefühle der Angst und der Wut knüpft er an die bestehende Forschung zum Einfluss emotionaler und affektiver Faktoren auf die politische Ordnung an.
Die bisherige Forschung hat widersprüchliche Ergebnisse zur Auswirkung von emotionalen Reaktionen auf Krisen auf die politische Unterstützung aufgezeigt. Zum einen kann eine stärkere Unterstützung für die amtierende Regierung in Krisenzeiten beobachtet werden, was in der Forschung unter dem Stichwort „rally around the flag“ bekannt ist. In dieser „Stunde der Exekutive“ genießt die gesamte Regierung eine kurzfristig erhöhte Unterstützung. Zum anderen hat die bisherige Forschung gezeigt, dass gerade populistische rechts- oder linksradikale Parteien die emotionalen Reaktionen auf Krisen für die Kritik der etablierten Parteien und die Stärkung ihrer eigenen politischen Basis nutzen.
Diese scheinbar widersprüchlichen Auswirkungen einer Krise untersucht Dr. Ziller daher genauer und versucht, diese durch den Fokus auf emotionale Reaktionen in Form von Wut oder Angst aufzulösen. Hierzu führt er die erklärende Variable der zugeschriebenen politischen Verantwortung ein. Zudem greift er die politische Polarisierung als moderierenden Faktor für die Reaktionen der Bürger auf. Die zwei entsprechenden Forschungsfragen lauten: Inwiefern löst zugeschriebene politische Verantwortung für eine Krise emotionale Reaktionen in Form von Angst oder Wut aus, die wiederum gegenteilige Auswirkungen auf politische Unterstützung haben können? Kann politische Polarisierung die heterogene Wirkung von Angst und Wut auf politische Unterstützung erklären?
Das theoretische Modell leitet Annahmen zur Auswirkung auf politische Unterstützung ab, je nachdem ob die zugeschriebene politische Verantwortung hoch, mittel oder niedrig ist. Drei Krisensituationen werden als Fallbeispiele für die empirische Untersuchung genutzt. Entsprechend wird angenommen, dass die zugeschriebene politische Verantwortung für die Flüchtlingskrise hoch ist, da die deutsche Bundesregierung durch die Öffnung der Grenzen und das Motto „Wir schaffen das“ als steuernder Akteur wahrgenommen wurde. Die Klimakrise gilt als Beispiel für eine mittlere zugeschriebene politische Verantwortung, da sie als grundlegend naturbedingte und globale Herausforderung wahrgenommen wird, zugleich werden die Gegenmaßnahmen jedoch als nicht entschlossen genug kritisiert. Die Covid-19 Pandemie schließlich ist ein Beispiel für eine als niedrig zugeschriebene Verantwortung für die Krise.
Grundlegend geht Dr. Ziller davon aus, dass Angst als Reaktion auf Unsicherheit und Wut als Reaktion auf Unzufriedenheit in allen drei Krisensituationen eine Rolle spielt. Die zwei emotionalen Reaktionen treten jedoch unterschiedlich stark in den Vordergrund. Wenn die zugeschriebene politische Verantwortung für die Krise hoch ist, reagieren Bürger vornehmlich mit Wut. Folglich erodiert die Unterstützung für die Regierung und womöglich auch für das politische System. Dieser Effekt wird noch verstärkt bei starker Polarisierung des Umfeldes der Bürger. Wenn die zugeschriebene politische Verantwortung hingegen niedrig ist, steht das Gefühl der Angst im Vordergrund und geht mit einer höheren politischen Unterstützung einher. Geringe Polarisierung verstärkt diesen Effekt bzw. starke Polarisierung mildert ihn ab. Bei mittlerer Zuschreibung politischer Verantwortlichkeit dominieren weder Angst noch Wut.
Die empirische Analyse umfasst ein online Umfrageexperiment mit insgesamt etwa 2220 Probanden in Deutschland, die repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Bildungsstand ausgewählt sind. In einem zweiten Schritt werden Daten aus bestehenden Umfragen in europaweitem Vergleich ausgewertet (European Social Survey, Eurobarometer).