Funding Funded Projects Annexionen und Sezessionen im Zeitalter des globalen Kalten Kriegs

Annexionen und Sezessionen im Zeitalter des globalen Kalten Kriegs

Ziel des Projekts ist es, eine neue Perspektive auf die Konflikte des globalen Kalten Kriegs zu entwickeln und so einen Beitrag zur Erforschung der internationalen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg zu leisten.

Mit der Untersuchung von Annexionen und Sezessionen widmet sich Dr. Methfessel Verstößen gegen ein Grundprinzip der Vereinten Nationen, verbot doch Artikel 2 Ziff. 4 der UN-Charta jegliche gegen die territoriale Integrität anderer Staaten gerichteten aggressiven Handlungen.

Verstöße gegen die Charta zu ahnden, ist bis heute vor­rangige Aufgabe des UN-Sicherheitsrates. Der amerika­nisch-sowjetische Antagonismus führte jedoch dazu, dass dieser im Zeichen des Kalten Krieges zumeist handlungsunfähig war, als infolge der Dekolonisation wiederholt territoriale Konflikte ausbrachen, die die Gültigkeit der Norm der territorialen Integrität heraus­forderten. Wenngleich das Prinzip der Unverletzlichkeit der postkolonialen Grenzen mehrfach infrage gestellt wurde, erwiesen sich die erfolgten Annexionen und Sezessionen nicht als Präzedenzfälle für anschließende Missachtungen der UN-Charta. Stattdessen führten die Reaktionen in der internationalen Politik letztlich zu einer Stärkung der Norm der territorialen Integrität. Damit unterscheidet sich das Zeitalter des Kalten Kriegs deutlich von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als die aggressive Politik der Achsenmächte zu einer Erosion der internationalen Ordnung führte. Auch nach dem Ende des Kalten Kriegs kam es wieder zu einer Zunahme von Sezessionen, und mit der russischen Intervention auf der Krim 2014 annektierte erstmals ein ständiges Mit­glied des UN-Sicherheitsrates fremdes Territorium.

In Anbetracht dessen wird im Rahmen des Projekts die erstaunliche Stabilität der politischen Grenzen nach 1945 im Spannungsfeld von Kaltem Krieg und Dekolonisation untersucht. Hierfür werden ausgewählte Annexi­onen und Sezessionen behandelt. Es werden der Konfliktverlauf vor Ort und die machtpolitischen Ausei­nandersetzungen in der Region analysiert. Zudem werden die Fallstudien in den Kontext des globalen Kalten Krieges eingeordnet und die Einflussnahmen der Supermächte sowie weiterer externer Akteure behandelt. Darüber hinaus richtet sich der Blick auf die De­batten, die solche Krisen in den Vereinten Nationen auslösten. Es werden die Deutungskämpfe und Aushandlungsprozesse analysiert, die in Sicher­heitsrat und Generalversammlung über das Prinzip der Unverletzlichkeit politischer Grenzen stattfanden. Die UN-Charta bot hier kaum klare Richtlinien, waren doch die territorialen Konflikte, die infolge der Dekolonisation die internationale Politik beschäftigen sollten, zum Zeit­punkt ihrer Verkündung noch nicht absehbar. Die ra­sante Durchsetzung eines Systems souveräner National­staaten erforderte es, zu umstrittenen (post)kolonialen Territorien Stellung zu beziehen, die sich nur schwer in die Kategorien des europäischen Völkerrechts einordnen ließen. Beide Seiten werden in der Untersuchung stets aufeinander bezogen, es wird also das Zusam­menspiel von territorialen Konflikten und Deutungs­kämpfen in den Vereinten Nationen analysiert, um die Entwicklung und letztliche Stärkung der Norm der territorialen Integrität aufzuzeigen.

Bei der Auswahl der Fallstudien wird der Fokus auf Afrika und Südasien gelegt und systematisch die Politik der Supermächte, Großbritanniens, Indiens und Äthiopiens untersucht. Anhand der chinesischen Besatzung Tibets (1950/51) und der Integration Eritreas in eine Föderation mit Äthiopien (1952) wird gefragt, wie die internationale Politik nach 1945 mit territorialen Konflikten umging. Mit Blick auf die Sezession Katangas während der Kongokrise (1960-63) und die indische An­nexion Goas (1961) wird untersucht, wie die in den 1960er-Jahren zunehmende antikoloniale Stimmung in den Vereinten Nationen den Umgang mit territorialen Konflikten beeinflusste. Die Analyse der Sezession Bangladeschs (1971), der marokkanischen Annexion der Westsahara (1975/76) sowie des Ogadenkriegs zwischen Äthiopien und Somalia (1977/78) soll schließlich aufzei­gen, wie es trotz der erfolgten Missachtungen der UN-Charta zu einer Stärkung des Prinzips der Unverletzlich­keit der Grenzen kam.

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