Förderung Geförderte Vorhaben Sehordnungen. Die Rationalität immersiven und explorativen Bildgebrauchs am Beispiel von Stereoskopie und Bildcluster/Hyperimage

Sehordnungen. Die Rationalität immersiven und explorativen Bildgebrauchs am Beispiel von Stereoskopie und Bildcluster/Hyperimage

„Sehordnung“ meint die Gesamtheit und das Zusammenspiel jeweiliger Bilddarstellungen, ihrer medialen Beschaffenheit bzw. medialen Umgebung (Displays, Optiken, Räume) sowie diejenigen Wissensbestände, Handlungsroutinen und Regelwerke, die den Gebrauch der jeweiligen Bildmedientechniken strukturieren.

Die Vielgestalt der Seherfahrungen, die historische und gegenwärtige Bildmedientechniken ihren Zeitgenossen ermöglichen, und die Vielzahl der daraus resultierenden gesellschaftlichen Bildpraktiken ziehen die grundlagentheoretische Frage nach den „kognitiven Möglichkeiten des Bildes“ (Gottfried Boehm) nach sich. Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden diese Möglichkeiten nicht im engeren Fokus auf die immanente Ordnung von Bildern untersucht, sondern in einem weiteren Fokus auf den Aufbau und die Funktionsweise soziokultureller „Sehordnungen“. Anhand kontrastiv ausgewählter Fallbeispiele, u. a. zum wissenschaftlichen, didaktischen und biographischen Gebrauch von Bildtechniken der Stereoskopie (immersives Sehen) und des Bildclusters/Hyperimages (exploratives Sehen), wird die Abhängigkeit bildbezogener „Erlebnis- bzw. Erkenntnisstile“ (Schütz) von jeweiligen Bildmedientechniken und Wissenshintergründen („Sehordnungen“) rekonstruiert.

„Sehordnung“ meint in diesem Sinne die Gesamtheit und das Zusammenspiel jeweiliger Bilddarstellungen, ihrer medialen Beschaffenheit bzw. medialen Umgebung (Displays, Optiken, Räume) sowie diejenigen Wissensbestände, Handlungsroutinen und Regelwerke, die den Gebrauch der jeweiligen Bildmedientechniken strukturieren. Im Rahmen der empirischen Analyse der kontrastiv ausgewählten Fallbeispiele wird dementsprechend untersucht, welche Formen der kognitiven Bezugnahme auf jeweilige Bilddarstellungen durch die entsprechenden immersiven und explorativen Bildtechniken und Medienkulturen möglich bzw. strukturell prädiziert werden. Analytische Dimensionen sind hierbei u. a. die je spezifische Form der Spontaneität, der Epoché, der Zeitlichkeit und der Sozialität.

Das Sample der Fallbeispiele ist insgesamt so angelegt, dass ein möglichst breites Spektrum derjenigen kognitiven Möglichkeiten kenntlich wird, die sich aus den immersiven und explorativen Bildmedientechniken der Stereoskopie und des Bildclusters ergeben und die den Gebrauch dieser Bildmedientechniken in unterschiedlichsten Handlungszusammenhängen – sozial- bzw. kulturwissenschaftlich gesehen – rational werden lassen. Untersucht werden dabei aus dem Bereich der Stereoskopie die photographischen Memoiren des Jacques Henri Lartigue (als Beispiel für biographische Stereoskopie), der „Stereoscopic Atlas of Neuroanatomy“, 1947, und der „Stereoscopische medicinische Atlas“, 1895-1905, (als Beispiel für medizinische Lehrmaterialien) sowie stereoskopische Aktbilder aus der Zeit von 1850 bis 1930 (als Beispiel für die erotisch-pornographische Stereoskopie). Aus dem Bereich der Bildcluster werden rassistische Bildmontagen der NS-Ausstellungspropaganda (als Beispiel für weltanschauliche Bildcluster), die photographische Komparatistik in der geologischen Forschung des Karlsruher Institut für Technologie (als Beispiel für wissenschaftlich-analytische Bildcluster) sowie die Anschaulichkeit des „Me“ (Mead) in den Bildfolgen photographischer Onlinetagbücher (als Beispiel für selbstdarstellerische Bildcluster) analysiert.

Prof. Müller möchte durch die kontrastive Untersuchung unterschiedlicher bildmedialer Sehordnungen insgesamt einen Beitrag zur empirischen und theoretischen Differenzierung des „ikonischen Erkenntnismodells“ leisten.

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