Förderung Geförderte Vorhaben Deutsche Musiker an oberitalienischen Höfen um 1600

Deutsche Musiker an oberitalienischen Höfen um 1600

Welche Rolle spielten die oberitalienischen Höfe von Ferrara, Mantua und Turin bei der Ausbildung und Perfektionierung deutscher Musiker?

Mit der hegemonialen Ausstrahlung des italienischen Kulturraums ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts avancieren Musikzentren auf der Halbinsel zunehmend zu begehrten Ausbildungsstätten für ausländische Musiker. Sprechendes Beispiel hierfür ist Venedig, wo die Künstlerpersönlichkeit Giovanni Gabrielis um 1600 zahlreiche Musiker aus mittel- und nordeuropäischen Höfen, darunter Heinrich Schütz, anzog. Wie jüngere Archivrecherchen ergeben haben, erlangte indessen auch das hervorragende Musikerensemble der mediceischen Hofkapelle als pädagogische Instanz für auswärtige Musiker Bedeutung, wie die über fürstliche Empfehlungsschreiben nach Florenz vermittelten Ausbildungsreisen, die Dresdner Hofmusiker zwischen 1597 und 1614 absolvierten, offenkundig machen.

Auf letzteren Ergebnissen aufbauend, möchte Dr. Chizzali nun exemplarisch die oberitalienischen Höfe von Ferrara, Mantua und Turin, die um 1600 allesamt eine führende Rolle nicht nur in Bezug auf vokal- und spieltechnische Exzellenz, sondern auch im Hinblick auf musikalische Avantgardismen der dort wirkenden Komponisten – z. B. Claudio Monteverdi, Carlo Gesualdo da Venosa, Sigismondo d’India – für sich beanspruchen konnten, für die Zeit zwischen 1550 und 1618 auf Spuren von Musikertransfers aus den deutschen Ländern insbesondere zum Zweck der individuellen Ausbildung und Perfektionierung befragen.

Ausgehend von der empirisch fundierten Methodik, die bei der Untersuchung des Dresdner-Florentiner Phänomens Anwendung gefunden hat, verfolgt Dr. Chizzali insbesondere biographische und netzwerkorientierte Forschungsansätze, die vor der Folie des kulturwissenschaftlichen Paradigmas des Braudel’schen »Modéle italien« diskutiert werden sollen. Ein zentrales Arbeitsfeld bildet hierbei die systematische Archivarbeit, welche die internationale Korrespondenz zwischen den Höfen von Ferrara, Mantua und Turin mit deutschen Höfen sowie die interne Kommunikation zwischen jeweiliger Herrscherfamilie, Hofadministration und Kapellpersonal fokussiert.

Mit dem Projekt wird einem bislang immer wieder thematisierten, aber forscherisch kaum vertieften musikhistorischen Aspekt in der Untersuchung der musikalischen Italienfaszination, die ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts virulent wird und um 1600 zu höchster Bedeutung gelangt, Rechnung getragen. Darüber hinaus dürften bisher unbekannte personell-migrative sowie institutionelle Implikationen ans Licht gebracht werden, womit für die höfische Kulturgeschichte und Musikkultur in den deutschen Ländern in der so eminent wichtigen Phase des durch Monodie und Generalbass eingeleiteten Stilbruchs gleichermaßen ein Beitrag geleistet werden würde.

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