Es fällt schwer, sich eine bessere Zukunft vorzustellen. Selbst Stillstand ist augenblicklich kaum vorstellbar, Fortschritt noch viel weniger. Diese Stimmung zieht sich quer durch die gesamte Bandbreite des politischen Spektrums. Es herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass wir im Schatten der Vergangenheit leben, in einer »Contaminated World«, deren Ursprung aber ist heftig umstritten.
Die Geschichtsforschung gibt Antworten auf solche Fragen. In Deutschland ist man mit ihren vielen verschiedenen Erklärungsversuchen zu den Ursprüngen des Nationalsozialismus oder seinem Erbe nach dem Krieg vertraut. Aber während Historikerinnen und Historiker versuchen, die Vergangenheit auszuleuchten, sind es doch oft Politikerinnen und Politiker, die im Rampenlicht stehen – so etwa Wladimir Putin, wenn er einen vermeintlich dunklen Zusammenhang (»tainted trajectory«) zwischen der Kollaboration der Ukraine mit den Nazis während des Zweiten Weltkriegs und ihrem heutigen Unabhängigkeitsstreben herstellt.
Wie können wir in einer Zeit, in der so viel auf dem Spiel steht, in der wir uns fragen müssen, wo, wann und mit wem alles auf die falsche Bahn geriet, die Vergangenheit verantwortungsvoll aufarbeiten und dennoch die Zukunft für neue Möglichkeiten offenhalten?
Holly A. Case ist Professorin für Europäische Geschichte an der Brown University in Providence (USA) und derzeit Fellow an der American Academy in Berlin.
Im Anschluss kommt Holly Case mit Martin Schulze Wessel, Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte Ost- und Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ins Gespräch.
Die Veranstaltung ist Teil der Joint Visiting Speaker Series der Fritz Thyssen Stiftung, der American Academy in Berlin und des AmerikaHaus NRW e.V.
und wird simultan ins Deutsche übersetzt.