Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten der modernen Gesellschaft, dass politisches Handeln neben einem Machtbezug stets zugleich auch einen Sachbezug besitze, mindestens besitzen sollte. Was jedoch sachlich überhaupt der Fall sei, dies scheint in den multiplen Krisen der Gegenwart in irritierender Weise strittig (oder auch »politisiert«) werden zu können.
Peter Strohschneider führt in seinem Vortrag den Klimawandel, seine Menschengemachtheit, Pandemien und die Nützlichkeit des Impfens als prominente Beispiele für das Strittigwerden von Sachverhalten auf, die sich eigentlich objektiv klären lassen sollten. Eine in der wissenschaftlich-technischen Zivilisation naheliegende Reaktion hierauf sind Programme einer verstärkten »Evidenzbasierung« der Politik.
Wer dem widersprechen wollte, liefe schnell Gefahr, als Aufklärungsgegner, Wissenschaftsfeindin oder Querdenker stigmatisiert zu werden. Doch was, wenn wissenschaftliche Evidenz gegen die Alltagsgewissheiten demokratischer Mehrheiten steht? Was, wenn die sachkundige Informierung als Determinierung politischer Entscheidungen angelegt oder verstanden wird? Was, wenn Freiheit und Sachrichtigkeit des Entscheidens einander widersprechen?
Die öffentliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie behandelt derlei als eine Frage der praktischen Beratung von Politik durch Experten. Tatsächlich führen Programme evidenzbasierter Politik aber mitten hinein in die Spannungslagen der demokratischen Verfassung moderner Wissenschaftsgesellschaften.
Weitere Informationen zum Arbeitskreis